Marschflugkörper

Ein BGM-109 Tomahawk der US Navy
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Ratgeber zu ➡️ Cruise Missiles

Marschflugkörper sind eine Form von Lenkwaffen, die seit den 70er Jahren entwickelt wurden und eine wichtige Rolle in modernen militärischen Strategien spielen. Sie sind hochpräzise Waffen, die dazu verwendet werden, strategische Ziele aus großer Entfernung zu treffen. Ihre Nutzung hat zu bedeutenden Veränderungen in der Kriegsführung geführt, da sie es ermöglichen, wichtige Infrastrukturen zu zerstören, ohne direkte militärische Konfrontationen eingehen zu müssen. Die Effektivität und Reichweite dieser Waffen haben die Art und Weise, wie Kriege geführt werden, grundlegend verändert und internationale Debatten über Sicherheit und Verteidigungspolitik intensiviert. 

Geblieben ist, dass sie noch mehr als andere Waffen von Soldaten weit weg vom Einsatzort abgeschossen werden können oder weit weg von einem Flugzeug. Der Pilot bekommt nichts davon mit, welche verheerende und tödliche Wirkung sein Abschuss nach sich zieht. 

 

Protestierer vor US-Kaserne

Proteste gegen Aufrüstung  in den 80er Jahren
Kein Wunder, dass es aus diesen und vielen weiteren Gründen viele und bis dahin ungekannt große Proteste gegen die Aufrüstung gab. Sie haben nicht nur dazu beigetragen, das Bewusstsein für die Risiken militärischer Aufrüstung zu schärfen, sondern auch politische Entscheidungsträger dazu bewegt, Verhandlungen und Rüstungskontrollabkommen in Betracht zu ziehen.

„Ihr Protest trug dazu bei, dass 1987 die USA und die UdSSR den INF-Vertrag abschlossen, der damals eine ganze Waffengattung – landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 km - verbot und die bereits stationierten verschrotten ließ“. (Otmar Steinbicker, Friedensforum 2024).

 

Mutlangen und Hasselbach ab 1983

Historische Proteste gegen Marschflugkörper und andere Formen der militärischen Aufrüstung, z.B. in Mutlangen gegen die Pershing-II in Mutlangen und Heilbronn sowie gegen die Cruise Missiles in Hasselbach im Hunsrück haben breite öffentliche Aufmerksamkeit auf die ethischen und politischen Implikationen des Einsatzes solcher Waffen gelenkt. Die Aufrüstung dieser Waffen in Europa während des Kalten Krieges führten zu einer Welle von Friedensdemonstrationen. Viele Menschen sahen in der Anwesenheit dieser Waffen eine direkte Bedrohung und protestierten für Abrüstung und Frieden. Und sie machten sich kundig und stießen in den offiziellen Begründungen für neue Aufrüstung auf Widersprüche. So wurden die Pershing-II schon 1969 bei Martin Marietta in Auftrag gegeben, als von einer Raketenlücke noch keine Rede war. Und nicht etwa gegen die SS-20 der Sowjetunion sollten die neuen Marschflugkörper und Pershing-II-Atomraketen ein Gegengewicht sein. Die waren wesentlich älter und anfälliger als die Waffen der USA; z.B. noch immer mit Flüssigtreibstoff betankt, was die SS-20 der Russen sehr anfällig gegen Ausfall, Unfall bzw. Störungen machte. In Wirklichkeit sollten die neuen Marschflugkörper und Pershing-II-Atomraketen der Sowjetunion signalisieren und bewegen, sich aus der sogenannten Dritten Welt heraus zu halten bzw. sich den Einflussbereichen der USA nicht entgegen zu stellen. Darüber haben damals ehemalige Militärs und Friedensforscher der USA geschrieben und das Air-Land-Battle-Konzept bildete die strategische Grundlage.

Proteste gegen Aufrüstung  in den 80er Jahren

Kein Wunder, dass es aus diesen und vielen weiteren Gründen viele und bis dahin ungekannt große Proteste gegen die Aufrüstung gab. Sie haben nicht nur dazu beigetragen, das Bewusstsein für die Risiken militärischer Aufrüstung zu schärfen, sondern auch politische Entscheidungsträger dazu bewegt, Verhandlungen und Rüstungskontrollabkommen in Betracht zu ziehen. „Ihr Protest trug dazu bei, dass 1987 die USA und die UdSSR den INF-Vertrag abschlossen, der damals eine ganze Waffengattung – landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 km - verbot und die bereits stationierten verschrotten ließ“. (Otmar Steinbicker, Friedensforum 2024).

Die neuen Rüstungsbeschlüsse für Marschflugkörper 2024

Die Geschichte zeigt, dass ziviles Engagement und öffentlicher Druck wesentliche Faktoren für politische Veränderungen sein können, insbesondere in Bereichen, die die globale Sicherheit betreffen.
In Zeiten des Ukraine-Krieges ist die Lage nun leider wieder eine andere.  Marschflugkörper spielen eine zentrale Rolle im Konflikt in der Ukraine. Sie sind hochpräzise Waffen, die dazu verwendet werden, strategische Ziele aus großer Entfernung zu treffen. Ihre Nutzung hat zu bedeutenden Veränderungen in der Kriegsführung geführt, da sie es ermöglichen, wichtige Infrastrukturen zu zerstören, ohne direkte militärische Konfrontationen eingehen zu müssen. Die Effektivität und Reichweite dieser Waffen haben internationale Debatten über Sicherheit und Verteidigungspolitik intensiviert. 

Otmar Steinbicker zur neuen Stationierung von Marschflugkörpern (Friedensforum Mai 2024): 

„Heute geht es bei der geplanten Stationierung erst einmal nicht um Atomwaffen. Die Tomahawk-Marschflugkörper werden derzeit von der britischen und US-Marine nur als konventionelle Waffen bereitgehalten und eingesetzt. Frühere atomar bestückte Varianten wie auch die landgestützten Cruise Missiles aus den 1980er Jahren, aber auch seegestützte, wurden außer Dienst gestellt, bzw. gemäß dem INF-Vertrag verschrottet. Allerdings lässt sich das auch wieder ändern. Grundsätzlich sind die Tomahawk-Marschflugkörper sowohl konventionell als auch atomar bestückbar und auch eine landgestützte Variante könnte womöglich wieder aufgelegt werden.

Die aktuell genutzten seegestützten Tomahawk-Marschflugkörper verfügen über eine Reichweite von über 1.650 km. Die ab 2026 zu stationierenden sollen deutlich mehr als 2.000 Kilometern Reichweite aufweisen. Damit wäre auch die etwa 1.600 Kilometer Luftlinie von Berlin entfernte russische Hauptstadt Moskau erreichbar. Die Tomahawks fliegen in der Regel in einer Geschwindigkeit von rund 880 km/h und in einer Höhe von unter 200 m. Über flachem Terrain kann die Flughöhe zwischen 30 und 90 m liegen. Entsprechend schwierig sind sie für gegnerische Radarsysteme zu erkennen, weil sie mit der Oberfläche der jeweiligen Landschaft verschmelzen können – zum Beispiel mit den Wellen der Ostsee oder mit Wäldern und Hügeln. So können sie tief in gegnerisches Territorium eindringen, Bunker, Radaranlagen, Raketensilos sowie Kommandoposten zerstören mit einer Zielgenauigkeit von 10–15 Metern.

Bei russischen Militärs dürfte die Stationierungsankündigung Nervosität auslösen. Durch die Option für die USA, die Tomahawks auch atomar zu bestücken und damit auch Moskau als Sitz der politischen und militärischen Führung Russlands zu treffen, bekommt das Stationierungsprojekt über den potenziellen europäischen Kriegsschauplatz hinaus eine strategische Ebene für einen denkbaren atomaren Schlagabtausch zwischen den USA und Russland. Sogar eine gewisse eingeschränkte Erstschlagsfähigkeit wäre gegeben, auch wenn die Vorwarnzeit aufgrund der vergleichsweise langen Flugzeit der Tomahawks nicht bei den 4,5 Minuten der Pershing-II-Raketen aus den 1980er Jahren, sondern eher bei zwei Stunden läge. Allerdings schließt die Stationierungsankündigung für die Tomahawks und andere Waffen nicht prinzipiell weitergehende Stationierungen wie die von schnellen Raketen aus.

Da, anders als beim NATO-Raketenbeschluss von 1979, keine Option für Verhandlungen vorgesehen ist, dürfte die russische Regierung mit hoher Wahrscheinlichkeit ihrerseits ebenfalls Maßnahmen eines beschleunigten Rüstungswettlaufs in Erwägung ziehen.
Damit werden auch Atomkriegsszenarien wieder greifbarer mit allen denkbaren Varianten, also auch des Atomkriegs aus Versehen, z.B. durch einen Fehlalarm oder eine Fehlinterpretation gegnerischer militärischer Maßnahmen. Die schnelle Entwicklung der künstlichen Intelligenz, der dann womöglich Anteile an der konkreten Entscheidungsfindung zufallen, wirkt in diesem Zusammenhang als zusätzliche Bedrohung.“

Es wird noch viel Protest gegen militaristische Diktaturen und Einsatz für Frieden und Abrüstung weltweit geben müssen, um endlich eine Abschaffung der Marschflugkörper zu erleben. Aber auch demokratische Staaten sind gehalten, nicht zu übersehen, dass eine „nur“ als Verteidigung vorbereitete Aufrüstung alles das zerstören kann, was verteidigt werden soll. Die möglichen Eigendynamiken in Krisenzeiten, verbunden mit Fehlinformationen und technischem Versagen lassen alle noch so defensiv gemeinten Vorhaben zum Spiel mit dem atomaren Feuer werden. Allein diplomatische Bestrebungen können unsere Welt vor der totalen Vernichtung bewahren.

Was unterscheidet die 2024 geplanten U.S. Marschflugkörper von Dark Eagle Hyperschallraketen?

Dark Eagle, ein fortschrittlicher Marschflugkörper, der bereits in Betrieb ist, zeichnet sich durch seine hohe Geschwindigkeit und Präzision aus. Die geplanten Marschflugkörper für 2024 setzen jedoch noch einen drauf: Sie sollen nicht nur schneller und präziser sein, sondern auch mit verbesserten Stealth-Fähigkeiten ausgestattet werden, um die Entdeckung durch feindliche Radarsysteme zu erschweren. Außerdem wird bei den neuen Modellen ein verstärkter Fokus auf die Integration künstlicher Intelligenz gelegt, um die Zielgenauigkeit weiter zu erhöhen und die Anpassungsfähigkeit an wechselnde Kampfbedingungen zu verbessern.

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