Herbert Kickl
➡️ Herbert Kickl als nächster Bundeskanzler Österreichs? - Kritische Analyse seiner politischen Positionen
Die FPÖ könnte bei den Nationalratswahlen 2024 stimmenstärkste Partei werden. Aktuell steht sie bei 30 Prozent – das wäre das beste Ergebnis der Parteigeschichte. Dabei ist es gerade einmal fünf Jahre her, dass die FPÖ unfreiwillig mit dem Ibiza-Skandal aus der Regierung ausschied. Dass man nun besser dasteht, als je zuvor ist auch das Werk des 2021 gewählten Bundesparteiobmann und Rechtspopulisten Herbert Kickl.
Bessere Welt Info beschäftigt sich kritisch mit dem Mann, der sich nächstes Jahr gerne in der Position des „Volkskanzlers“ sehen würde. Wir schauen auf seine politischen Positionen, seine politische Arbeit als Innenminister, seine Nähe zum Rechtsextremismus und seine Ambitionen als Bundeskanzler von Österreich.
Herbert Kickl wurde 1968 in Villach, Kärnten, geboren. Über sein Privatleben ist nur wenig bekannt, er gilt als introvertiert, eher ein Einzelgänger, der jahrelang im Hintergrund agierte und die Reden für Jörg Haider und HC Strache schrieb. Er begann seine politische Karriere in den 1990er Jahren und stieg schnell in den Reihen der FPÖ auf; von 2008 bis 2019 war er Generalsekretär der FPÖ.
Seine politische Laufbahn erreichte einen Höhepunkt, als er im Dezember 2017 zum Bundesminister für Inneres in der österreichischen Regierung ernannt wurde. Im Mai 2019 musste er, nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos und unter dem Druck von Sebastian Kurz, von dieser Stelle zurücktreten. Doch er schien gefallen am Rampenlicht gefunden zu haben.
Nachdem die FPÖ sich von HC Strache aufgrund der Ibiza-Causa trennen musste, setzte man vorerst Norbert Hofer als neuen Obmann ein. Doch der schien mit seinem gemäßigten Kurs nicht ganz im Sinne von Kickl. Immer wieder stichelte dieser öffentlich gegen Hofer – bis dieser seine Stelle aufgab. Seitdem ist Kickl der Mann an der Spitze der Partei.
Wofür steht Herbert Kickl politisch?
Informationssperre gegen kritische Journalisten, Steuergelder für rechtsextreme Medien und eine Polizei, die sich in ihrer Medienarbeit auf Ausländerkriminalität und nicht auf häusliche Gewalt konzentrieren soll: Wofür Kickl politisch einsteht, ließ sich bereits durch seine Zeit als Innenminister erkennen.
So versuchte er aktiv, den Polizeiapparat umzubauen. Dafür stürmten 2019 Polizisten das Bundesamt für Verfassungsschutz und beschlagnahmten sensible Daten, u.a. Akten über österreichische Rechtsextreme mit Verbindung zur FPÖ. Ausländische Geheimdienste stellten daraufhin die Zusammenarbeit ein – später wurde die Durchsuchung als "nicht rechtmäßig" erklärt (Zeit 2023).
Lange galt die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Frauenhäusern in Österreich als internationales Vorbild. Kickl änderte dies und strich die Gelder für Gewaltschutz-Schulungen in den Behörden. Auch die behördliche Teilnahme an Fallbesprechungen zu häuslicher Gewalt und Schutzmaßnahmen für Kinder und Mütter wurde 2018 vom Innenministerium untersagt.
Dazu passt auch die mediale Vorgabe an die Polizei, weniger über häusliche und familiäre Gewalt zu berichten. Dabei wird jede 5. Frau in Österreich einmal in ihrem Leben Gewalt erfahren; in 8 von 10 Vergewaltigungsfällen ist der Täter der Partner oder ein Familienangehöriger (kontrast 2017).
Daneben benannte Kickl Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete in „Ausreisezentren“ um und stellte öffentlich das rechtsstaatliche Prinzip infrage. Weitere politische Positionen lassen sich durch seine Reden und Anträge im österreichischen Parlament erahnen: Asylanträge sollen gar nicht erst verhandelt werden, im identitären Duktus spricht er von der "Festung Europa", die Medienpolitik soll nach dem Vorbild Ungarn umgestaltet werden und außenpolitisch spielt man gedanklich mit einem NATO- und EU-Austritt.
Wie rechtsextrem ist Herbert Kickl?
Im Gegensatz zu vielen anderen FPÖ-Mitgliedern entstammt Kickl nicht dem völkisch-deutschnationalen Milieu schlagender Burschenschaften. Lange Zeit hielt er sich eher von Veranstaltungen der extrem Rechten fern, war beispielsweise nie Teilnehmer des Wiener Akademikerballs. Doch in den letzten Jahren sucht Kickl zunehmend die Nähe rechtsextremer Kreise.
So war er 2016 Hauptredner beim Linzer Kongress „Verteidiger Europas“, ein Vernetzungstreffen für das gesamte rechtsextreme Spektrum im deutschsprachigen Raum. Vor einem Publikum aus deutschen Neonazis, Aktivisten der Identitäten Bewegung und rechten Verlegern wie Götz Kubischek oder Jürgen Elsässer, sprach Kickl seine Verbundenheit zum anwesenden Klientel aus.
Später engagierte er Alexander Höferl als seinen Kommunikationschef – ebenfalls Besucher des Kongresses und ehemaligen Chefredakteur von unzensuriert.at, einer Webseite mit rassistischen und antisemitischen Inhalten. Die Durchsuchung des Verfassungsschutzes, der damals auch den rechten Kongress überwachte, wird in dem Zusammenhang als konkrete Einschüchterung verstanden und Ermittlungen in die rechte Szene wurden als Konsequenz stark einschränkt (Standard 2021).
Aus Kickls Zeit als Innenminister stammen auch Stellenanzeigen für den Polizeidienst auf diversen rechten Online-Plattformen. Die als rechtsextrem eingestufte Identitäre Bewegung verteidigte er öffentlich und nannte sie ein "interessantes und unterstützenswertes Projekt" (Kurier 2021). Die Gruppe um Martin Sellner revanchierte sich und warb mehrmals öffentlich für Kickl und forderte seine politische Unterstützung.
Als sich im Frühjahr 2020 eine Corona-Querfront aus Verschwörungstheoretikern, Neonazis und sonstigen Systemgegner bildete, erkannte Kickl schnell das Potenzial. Er unterstützte die Bewegung und sprach auf Demonstrationen, bei denen Journalisten attackiert und Sieg-Heil-Rufe skandiert wurden.
Daneben bedient er sich in seinen Reden zunehmend Kampfbegriffen aus der NS-Zeit. Begriffe wie „Volksverräter“, „Systemparteien“ oder „Umvolkung“ werden regelmäßig vom FPÖ-Parteiobmann verwendet und vermitteln in ihrem Ursprung oft eine zutiefst menschenverachtende Ideologie (Standard 2024). So fallen auch immer wieder konkrete Drohungen, beispielsweise mit „Fahndungslisten“ im Zusammenhang mit unliebsamen politischen Gegnern oder man sieht sich als verfolgte Opfer der „internationalen Eliten“ - für Hitler ein Codewort für das "internationale Finanzjudentum". Auch die Waffen-SS wird von Kickl verteidigt, man könne so eine Einheit nicht kollektiv schuldig sprechen (Kontrast 2024).
Kickl als Bundeskanzler von Österreich?
Sollte Kickl mit seiner FPÖ bei den Wahlen zum Nationalrat triumphieren, würde das wohl eine Zeitwende für Österreich bedeuten. Denn mit seinen bisherigen politischen Entscheidungen, seinen markigen Reden gegen Journalisten, Minderheiten und Liberale und seiner unverhohlenen Nähe zum Rechtsextremismus macht Kickl klar: Er würde als Bundeskanzler von Österreich versuchen, die demokratischen Institutionen im Land zu schwächen und umzubauen.
Hin zu Staaten mit autoritärem Kurs, wie Ungarn unter Viktor Orbán, für das Kickl immer wieder schwärmt. Dort, aber auch in Italien, Schweden oder zuletzt Polen, zeigt sich, wie Österreich unter Kickl aussehen könnte. Politik, freie Medien und Justiz werden attackiert, Sozialleistungen drastisch gekürzt und Minderheiten ausgegrenzt und verfolgt.
Zwar herrscht in Österreich eine längere demokratische Tradition als in Ungarn. Die Institutionen sind gefestigter, und auch Bundespräsident Alexander van der Bellen hat sich schon gegen einen Bundeskanzler Kickl ausgesprochen. Prestigeprojekte der FPÖ aus der letzten Regierungszeit wie die Einführung eines Staatstrojaners oder die Umstellung der Sozialhilfe wurden vom Verfassungsgerichtshof gekippt (Profil 2023).
Und dennoch zeigt sich ein beunruhigender Trend: Als Jörg Haider mit der FPÖ 2000 erstmals an der Regierung beteiligt war, herrschte Aufregung und Unverständnis in Europa: die erste rechte Partei mit Regierungsverantwortung nach dem Zweiten Weltkrieg. Seitdem hat sich vieles geändert. Rechte Regierungen in Europa sind im Aufwind, stellen Regierungen und sägen an den liberalen Demokratien. Die FPÖ wäre nur eine unter Vielen.
Um dem etwas entgegenzusetzen, reicht es nicht mehr nur dagegen zu sein. Die Zeit drängt. Es braucht progressive politische Ziele und Utopien, die rechte Ideologien der Angst und des Hasses entzaubern und entlarven. Gesellschaftsentwürfe, die das Sicherheitsbedürfnis, den Wunsch nach sozialer Gerechtigkeit oder lobby- und bestechungsfreie Politik aufgreifen und umsetzen.
Dafür braucht es allerdings auch das politische Engagement eines jeden einzelnen Bürgers, der für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt einsteht. Egal ob auf Demos, am Stammtisch, in der Schule oder am Arbeitsplatz.
Auch Bessere Welt Info setzt sich für Demokratie und politische Teilhabe ein. Wir möchten Menschen stärken und vernetzen, die für diese Werte einstehen und sie in ihren Anliegen unterstützen. Zudem bieten wir umfangreiche Ratgeber zu politischer Bildung, Rechtsextremismus, den Wahlen, sozialen Themen oder demokratischen Prozessen. Lasst uns gemeinsam eine bessere Welt gestalten – für soziale Gerechtigkeit, gegen Hass und Ausgrenzung.
Autor: Maximilian Stark 29.01.24, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0
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