AfD - Sachsen
Kritischer Info-Ratgeber zur ➡️ AfD Sachsen - Positionen, Mitglieder, Rechtsextremismus
Am 1. September wird in Sachsen ein neuer Landtag gewählt. Aktuelle Umfragen sehen die AfD als stimmenstärkste Kraft. Bereits bei den Europawahlen im Juni konnte sich die AfD in Sachsen mit 31 % die höchsten Wahlergebnisse sichern – und das, obwohl es in den letzten Monaten Enthüllungen gab über einem rechtsextremen Geheimtreffen in Potsdam oder die mutmaßlichen Verbindungen der beiden EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron, nach China und Russland.
Trotzdem entschied sich in Ostdeutschland jeder vierte Wähler für die rechtspopulistische Partei, die in Sachsen seit 2023 zudem vom sächsischen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem gelistet wird. Im Wahlprogramm äußert man dazu den Wunsch, die Behörde aufzulösen.
Ab Herbst 2024 könnte die AfD die sächsische Landespolitik maßgeblich mitbestimmen. Bessere Welt Info schaut auf die Struktur und Personal der AfD Sachsen, beschäftigt sich kritisch mit dem aktuellen Wahlprogramm und den Verbindungen zu rechtsextremen Gruppierungen wie den Freien Sachsen oder der Reichsbürger-Szene.
Wer ist die AfD Sachsen?
Der sächsische Landesverband der AfD wurde 2013 gegründet und 2014 erstmals in den sächsischen Landtag gewählt. Bei den Bundestagswahlen 2017 erreichte sie 26 % in Sachsen und zog mit zehn Abgeordneten in den deutschen Bundestag ein. 2019 wurde man mit 27 % zweitstärkste Kraft hinter der CDU. Aktuelle Prognosen sehen die AfD bei 31 % für die Landtagswahlen 2024.
Seit 2018 ist Jörg Urban der Vorsitzende und Fraktionsführer der AfD Sachsen. Er vertritt offen rechtsextreme Positionen und wird dem innerparteilich extrem rechten Flügel zugeordnet. So äußerte er sich positiv über einen Entzug des Wahlrechts für Sozialhilfeempfänger. Programme für politische Bildung im Schulunterricht lehnt er entschieden ab, ebenso Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise.
In Asylfragen bedient er immer wieder rechte Narrative über einen vermeintlichen "Bevölkerungsaustausch" oder bezeichnet Journalisten als "Freiheitsfeinde". Wiederholt war er Teilnehmer auf den Pegida-Demonstrationen in Dresden oder besuchte Veranstaltungen des rechtsextremen Instituts für Staatspolitik von Götz Kubitschek.
Auch andere hohe Mitglieder der AfD Sachsen wie der Generalsekretär Jan Zweig oder der stellvertretende Landesvorsitzende Siegbert Droese werden dem rechtsextremen Flügel zugerechnet. Der Pressesprecher der AfD Sachsen, Andreas Harlaß, fiel immer wieder durch rechtsextreme Symbolik auf – es gibt Aufnahmen von ihm mit einem SS-Julleuchter oder einer Schwarzen Sonne. Er relativierte den rechtsextremen Anschlag von Halle auf Facebook und wurde wegen Volksverhetzung verurteilt.
Ein weiteres Landtagsmitglied, Sebastian Wippel, verteilte auf einem muslimischen Fest 2018 in Görlitz Zettel, die die Anwesenden zur Ausreise aufforderten und verbreitete Verschwörungstheorien um Chemikalien versprühende Chemtrails. Auch der bisherige AfD-EU-Parlamentarier Maximilian Krah ist in Sachsen ansässig. Er bekennt sich zu klar rechtsextremen Positionen, unterstützt die rechtsextreme Organisation Ein Prozent und veröffentlicht Bücher über den rechtsextremen Antaios Verlag.
Menschenrechte sieht Krah als „nicht absolut, sondern im Kontext der Gesellschaft zu definieren“, die Gleichstellung queerer Menschen lehnt er strikt ab. Zudem pflegt er gute Kontakte nach China und Russland – diese Verbindungen kosteten ihm zuletzt auch die AfD-Fraktionsmitgliedschaft im EU-Parlament, denn er ermöglichte mutmaßlich den Zugang für Spione der beiden Länder und wurde dafür auch finanziell entlohnt.
Auch die Junge Alternative Sachsen wird seit 2023 als gesichert rechtsextrem gelistet. Bei einer Wanderung der Organisation Anfang 2024 sprachen Teilnehmer offen über die Ghettoisierung von Juden, Arbeitslager für Menschen mit Migrationshintergrund oder den Wunsch nach einem gewaltsamen Umsturz. Mehrere JA Sachsen Mitglieder wie Charlotte Schiller oder Lennard Scharpe sind im Umfeld der sächsischen Identitären Bewegung aktiv - und haben Verbindungen zu neonazistischen Burschenschaften.
Was fordert die AfD Sachsen?
Die AfD Sachsen fordert eine restriktive Migrationspolitik. Sie will die Zuwanderung begrenzen und das Recht auf Asyl einschränken. Dazu gehören Maßnahmen wie die Altersfeststellung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die Einführung der Residenzpflicht und die Erhöhung der Abschiebehaftplätze. Sozialleistungen für Geflüchtete sollen massiv eingeschränkt werden. Die Forderung der Jungen Alternative nach einer "Agentur für Remigration" wurde vom Landesparteitag nicht übernommen.
In diesem Diskurs verknüpft die Partei oft eine übertriebene Darstellung der Kriminalitätslage und Migranten als pauschales Sicherheitsrisiko. Dafür wirbt sie auch mit einer stärkeren Präsenz der Polizei im öffentlichen Raum und einer besseren Ausstattung der Sicherheitsbehörden. Insbesondere soll die Zahl der Polizisten erhöht und deren Ausbildung verbessert werden, um die Kriminalität effektiv bekämpfen zu können. Tatsächlich zeigen Statistiken, dass die Kriminalitätsrate in vielen Bereichen rückläufig ist. Eine restriktive Asylpolitik, wie sie von der AfD gefordert wird, verletzt zudem grundlegende Menschenrechte und widerspricht internationalen Abkommen.
In der Bildungspolitik setzt die AfD Sachsen auf eine Rückkehr zu traditionellen Werten und Strukturen. Sie kritisiert die aktuellen Bildungssysteme als ineffektiv und fordert eine stärkere Fokussierung auf Leistungsprinzipien und Disziplin. Auch hier widersetzt man sich der Wissenschaft, die individuelle statt vergleichende Leistungsbewertung fordert und damit bessere Entwicklungschancen verknüpft. Die AfD fordert Abschaffung von sogenannten "Gender-Ideologien“ im Lehrplan.
Diplom- und Magisterstudiengänge sollen wieder eingeführt und die Abiturientenquote gesenkt werden. Sie lehnt außerdem inklusive Schulen ab und möchte getrennte Förder- und Sonderschulen beibehalten und ein Kopftuchverbot an Schulen und Kindergärten durchsetzen. Allgemein spricht sich die AfD gegen den Islam in Deutschland aus und fordert, dass muslimische Organisationen keine Körperschaften des öffentlichen Rechts werden können. Auch für eine Abschaffung der Rundfunkgebühren wirbt die Partei.
Die Partei sieht die Familie als zentrale gesellschaftliche Einheit und fordert eine stärkere Förderung von Familien mit Kindern. Dazu gehören Steuerentlastungen für Familien, ein sächsisches Baby-Begrüßungsgeld und die Ausweitung des Landeserziehungsgeldes. Zudem lehnt sie Frühsexualisierung ab und möchte den Betreuungsschlüssel in Kitas senken. Sie will zudem das Bürgergeld stärker beschneiden.
Wirtschaftlich setzt die AfD Sachsen gegen weitere EU-Regulierungen ein, die sie als hinderlich für die heimische Wirtschaft betrachtet. Ein wichtiger Punkt ist die Ablehnung von Maßnahmen im Rahmen des Klimaschutzes. Die AfD lehnt das Erneuerbare-Energien-Gesetz ab und setzt auf Braunkohle sowie den Verbrennungsmotor. Sie will neue Atomkraft- und Reaktortechnologien fördern und den weiteren Ausbau von Windkraftanlagen verhindern.
Ein zentrales Ziel der AfD ist die Wiederbelebung ländlicher Räume. Sie plant, das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt zu einem starken Ministerium für den ländlichen Raum umzuwandeln, das Kleingartenwesen und die Kleintierzucht zu erhalten sowie ein sächsisches Herkunftssiegel zu etablieren.
Rechtsextremes Potenzial der AfD Sachsen
Die AfD Sachsen wird vom Verfassungsschutz seit 2023 als rechtsextrem eingestuft – seit 2021 war man als Verdachtsfall gelistet. Im aktuellen Jahresbericht erhält die AfD sogar ein komplett eigenes Kapitel. Es wird offen davor gewarnt, dass die Partei einen "Systemwechsel" anstreben und sich kaum mehr von rechtsextremen Positionen distanzieren würde. So verstoßen Positionen der Partei in Migrationsfragen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Menschenwürde.
Führende Mitglieder der AfD Sachsen haben mehrfach durch geschichtsrevisionistische und antisemitische Aussagen Aufmerksamkeit erregt. Inhaltlich und ideologisch bewegt sich der sächsische Landesverband im früheren rechtsextremen Flügel der AfD um Björn Höcke, der ebenfalls vom Verfassungsschutz überwacht wird. Mehrere Partei-Mitglieder werden zudem der Reichsbürger-Szene zugerechnet. Auch waren sächsische AfD-Landtagsmitglieder nachweislich bei der Eröffnung des Hausprojektes der rechtsextremen Identitären Bewegung in Chemnitz anwesend.
2023 gab es zudem mehrere Teilnahmen an Veranstaltungen der Kleinpartei Freie Sachsen oder vom Compact-Magazin – beide werden als rechtsextrem gelistet. Die AfD-Fraktion im Erzgebirgskreis unterhält eine formale Kooperation mit der rechtsextremen Partei Die Heimat, ehemals NPD. All diese Verbindungen bestehen, obwohl es eine offizielle Unvereinbarkeitsliste der Bundes-AfD gibt, auf der die Freien Sachsen, die Identitäre Bewegung oder auch Reichsbürger ausgeschlossen werden.
Durch die Einordnung der AfD Sachsen als rechtsextrem hat sich auch nochmals die Zahl der aktiven Rechtsextremen in Sachsen auf 5750 zum Vorjahr 2022 von 4350 gesteigert. 2015 waren es gerade einmal 2700. Die Zahl rechtsextremer Straftaten ist 2023 sprunghaft auf 2566 angestiegen. Rechtsextreme Gewalttaten stiegen ebenfalls um 7,5 % an, wobei Körperverletzungsdelikte den größten Anteil ausmachten.
Auch die 2021 gegründeten Freien Sachsen werden vom Verfassungsschutz gesondert erwähnt und als äußert effektiv in der Straßenmobilisierung verortet. Die Partei gilt als rechtsextremes Sammelbecken: frühere NPD-Aktivisten, Corona-Leugner, Reichsbürger und verurteilte Rechtsterroristen der "Gruppe Freital" finden sich darunter. Zwar konkurrieren die beiden rechten Parteien einerseits um die Wähler, doch auch lokaler Ebene gab es bereits mehrfach Kooperationen. Vor allem die Freien Sachsen sprechen sich bereits offen für eine Zusammenarbeit aus und könnten der AfD auf lokaler und kommunaler Ebene wertvolle Mehrheiten beschaffen.
Wie umgehen mit der AfD Sachsen?
Die AfD Sachsen ist offen rechtsextrem und vertritt klar antidemokratische Positionen – das hat der Verfassungsschutz festgestellt. Doch warum wählen Menschen eine Partei, die sich klar gegen eine offene und friedliche Gesellschaft richtet? Ein wesentlicher Faktor für den Aufstieg rechtsextremer Kräfte ist die zunehmende sozioökonomische Unsicherheit in weiten Teilen der Bevölkerung. Globalisierung, technologische Veränderungen und die neoliberale Wirtschaftspolitik führen zu einer wachsenden sozialen Ungleichheit – vor allem in strukturschwachen Teilen Ostdeutschlands.
Viele Menschen fühlen sich abgehängt und von den etablierten politischen Parteien nicht mehr repräsentiert. Diese Unsicherheit schafft einen fruchtbaren Boden für rechtsextreme Ideologien, die vermeintlich einfache Antworten auf komplexe Probleme liefern und Sündenböcke für wirtschaftliche und soziale Missstände präsentieren. Indem sie die Gesellschaft in ein "Wir gegen die" spalten, mobilisiert die AfD ihre Anhänger durch das Schüren von Ängsten und Ressentiments – vor allem gegen gesellschaftliche Minderheiten.
Diese Strategie der Identitätspolitik führt auch dazu, dass Skandale, die normalerweise zu einem Vertrauensverlust führen würden, oft als Verschwörungen abgetan oder Angriff auf die eigene Gruppe wahrgenommen werden, was die Unterstützung für die Partei paradoxerweise stärkt. Das hat sich auch in Bezug auf die möglichen Spionageverbindungen nach China und Russland gezeigt – die AfD-Wähler bei der Europawahl 2024 hat das kaum abgeschreckt.
Hinzu kommt eine geschickte Nutzung moderner Kommunikationsmittel, insbesondere der sozialen Medien. Die AfD nutzt diese Plattformen, um ihre Botschaften direkt an die Bevölkerung zu verbreiten, ohne durch traditionelle Medien gefiltert zu werden. Auch so lässt sich polarisieren und Filterblasen schaffen, die abseits von Fakten und Belegen äußere und innere Feindbilder konstruieren.
Um die AfD nachhaltig zu entzaubern, müssen progressive Parteien endlich eine klare und überzeugende Vision für die Zukunft entwickeln und gezielt auf die Sorgen und Nöte der Bürger eingehen. Das erfordert vor allem Maßnahmen zur Stärkung sozialer Gerechtigkeit, wie Investitionen in Bildung, Infrastruktur und faire Löhne - speziell in strukturschwachen Regionen. Gleichzeitig müssen rechtsextreme und demokratie-feindliche Positionen der AfD aktiv entlarvt und widerlegt werden, unterstützt durch eine sachliche und kritische Berichterstattung der Medien.
Ein starker Fokus sollte auf der Förderung von Demokratie, Toleranz und Vielfalt liegen, indem zivil-gesellschaftliche Initiativen unterstützt, breite Bündnisse geschmiedet und politische Bildung gestärkt werden. Zudem ist es wichtig, den Dialog mit den Bürgern zu intensivieren und ihnen das Gefühl zu geben, gehört und ernst genommen zu werden – vor allem in Ostdeutschland.
Durch eine Kombination aus politischem Handeln, gesellschaftlichem Engagement und gezielter Kommunikation kann die AfD nachhaltig entzaubert werden. Denn sie steht weder für soziale Gerechtigkeit noch für Demokratie – sondern für Ausgrenzung, gesellschaftliche Spaltung und Intoleranz. Setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen den Hass - denn die Zeit rennt!
Autor: Maximilian Stark 17.06.24, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0
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