Eine Demo mit Banner gegen rechte Hetze
Flickr | Rasande Tyskar - CC BY-NC 2.0

➡️ Demos gegen Rechts - Zivilgesellschaft gegen rechte Politik in Deutschland

Es wird wieder demonstriert in Deutschland. Viele Menschen sind besorgt von dem Erstarken der AfD und dem zunehmenden Zahlen rechtsextremer Straftaten. Wie auch in vielen anderen Ländern weltweit ist auch in Deutschland eine autoritäre und menschenfeindliche Ideologie auf dem Vormarsch, die sich nun auch politische Macht sichern möchte. Was man dann plant, äußert man bei der AfD mittlerweile offen. Massenhafte "Remigration" von nicht-deutschen Bürgern, hartes Vorgehen gegen "Multikulti-Extremisten“ und eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“, wie es der AfD-Vorsitzende in Thüringen und Rechtsextremist Björn Höcke fordert. 

Demokratische und zivilgesellschaftliche Institutionen wären durch eine AfD in Regierungsposition ernsthaft in Gefahr. So will man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beschneiden, das Grundrecht auf Asyl abschaffen und aus dem Pariser Klimaabkommen austreten. Doch es regt sich auch zivilgesellschaftlicher Widerstand. Vielerorts organisieren sich Menschen, um sich gegen rechte Ideologien zu engagieren. 

Dies geschieht über demokratische Vereinsstrukturen, Programme für politische Bildung oder Unterstützungsangebote für Geflüchtete oder der LSBT*Q-Community. Im Januar 2024 und 2025 kam es zudem zu landesweiten Großdemos. Bessere Welt Info wirft einen Blick auf diese Demonstrationen, ihre Hintergründe und Bedeutung, aber auch das Gefahrenpotenzial der aktuellen rechten Mobilisierung und Vernetzung. 

 

Eine Statistik zu rechtsextremer Gewalt und Delikten
Statista 2023

Warum sind diese Demos notwendig?

Im Jahr 2024 erreichte die Zahl der rechts motivierten Straftaten mit fast 34.000 Delikten einen neuen Höchststand. Auch bei den rechten Gewaltdelikten gab es mit 1.136 einen neuen Anstieg. Seit Jahren stuft das BKA den Rechtsextremismus als größte Gefahr für die Demokratie in Deutschland ein. Die Linken-Politikerin Martina Renner sieht in der Entwicklung auch parteipolitische Verbindungen: "Der Zusammenhang zwischen dem Aufstieg der rechtsextremen AfD und der wachsenden rechten Gewalt ist erwiesen." 

Die Partei selbst hat 48 Politiker in Parlamente entsandt, die wegen direkter körperlicher Gewalt, psychischer Gewalt, einer Form der Beihilfe zu Gewalt oder gewaltsamem Verhalten in der Vergangenheit aufgefallen oder verurteilt sind. So war auch der Attentäter, der im Dezember 2024 einen Anschlag in Magdeburg verübte, bekennender AfD-Anhänger. Als im November 2024 mehrere junge Männer festgenommen werden, sind unter ihnen auch drei Mitglieder der AfD. Sie waren Teil der Terrorgruppe "Sächsische Separatisten" und übten den bewaffneten Systemsturz.

Vor allem der zunehmende Anteil jugendlicher Gewalttäter bereitet Renner Sorgen – durchgreifende Maßnahmen der Innenpolitik seien dagegen "nicht in Sicht". Obwohl bundesweite Zahlen fehlen, gaben beispielsweise knapp 40 % der Befragten einer Umfrage des Thüringer Lehrerverbands an, rechte Gewalt an Schulen miterlebt oder gesehen zu haben. 

Seit Jahren wird die AfD bundesweit vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall gelistet – eine Neubewertung soll erst nach den Bundestagswahlen 2025 stattfinden. Einzelne Landesverbände wie die in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen sind bereits als erwiesen rechtsextrem eingestuft. Auch ihre bisherige Jugendorganisation Junge Alternative wurde bis zu ihrer Auflösung 2025 als rechtsextrem verortet.

Dennoch verzeichnet die AfD massive Wahlerfolge. Bei der Europawahl 2024 konnte sie einen Stimmenzuwachs verzeichnen und erreichte 15 Sitze, vier mehr als bei der vorherigen Wahl. Bei den ostdeutschen Landtagswahlen in Thüringen wurde sie erstmals stärkste Kraft; in Sachsen und Brandenburg erreichte sie immerhin den zweiten Platz. Auch bei der anstehenden Bundestagswahl im Februar 2025 kann sie mit 20 % auf ihr bestes bundesweites Ergebnis hoffen.

Diese Entwicklungen tragen zu einer zunehmenden Polarisierung innerhalb der deutschen Gesellschaft bei. Die steigende Präsenz rechtsextremer Ideologien und die damit verbundenen Straftaten führen zu Unsicherheit und Angst, aber auch zu einer erhöhten Sensibilisierung und Mobilisierung in der Bevölkerung. Infolgedessen sind Demonstrationen gegen Rechts von entscheidender Bedeutung, um ein klares Zeichen für Demokratie, Toleranz und Vielfalt zu setzen und dem Erstarken rechtsextremer Tendenzen entgegenzuwirken.

 

Eine Demo gegen rechte Politik in Berlin
Flickr | Fraktion Die LINKE - CC BY 2.0

Die Gegenproteste im Überblick

Bereits im Januar 2024 gingen Zehntausende Menschen in Deutschland auf die Straße, um gegen Rechtsextremismus zu protestieren. Allein in Berlin versammelten sich laut Polizeiangaben 150.000 Demonstranten. Insgesamt waren wohl knapp 3 Millionen Menschen bei 1100 Kundgebungen auf der Straße – damit ist es die größte Demonstrationsserie in der Geschichte der Bundesrepublik. Auch in Österreich gab es Demonstrationen mit mehreren Zehntausend Teilnehmern. Auslöser für diese Proteste waren damals Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über ein Geheimtreffen radikaler Rechter am 25. November 2023 in Potsdam.

An diesem Treffen nahmen einige AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU, ÖVP und der Werteunion teil. Die Diskussionen, angeleitet vom Neurechten Vordenker Martin Sellner, drehten sich um das Thema "Remigration" und die damit verbundenen Pläne millionenfacher Abschiebungen von Migranten. Mittlerweile haben sowohl die AfD als auch die rechtsextreme FPÖ den Begriff der "Remigration" in ihren Parteisprech integriert. Gesellschaftlich und politisch wurde über ein Verbot der AfD diskutiert, konkrete Schritte wurden allerdings nicht eingeleitet.

Im Januar 2025 kam es dann erneut zu massiven Protesten gegen Rechtsextremismus. In vielen Städten gingen Menschen auf die Straße, um gegen eine wahrgenommene Annäherung der CDU an die AfD zu demonstrieren. Allein in Berlin beteiligten sich über 160.000 Personen an den Protesten. Der unmittelbare Auslöser war eine von der Union initiierte Asyldebatte im Bundestag. Ein von Friedrich Merz vorgeschlagenes Gesetz zur Verschärfung der Asylpolitik wurde mit Unterstützung der AfD eingebracht.

Obwohl der Gesetzentwurf letztlich knapp abgelehnt wurde, führte die de facto Zusammenarbeit zwischen Union und AfD zu heftigen öffentlichen Reaktionen und Protesten. Das konservative Abstimmungsverhalten mit der AfD wurde als Ende der "Brandmauer gegen rechts" gewertet. Die Demonstrationen wurden von verschiedenen Bündnissen wie "Zusammen gegen Rechts" organisiert und fanden in zahlreichen Städten statt, darunter Berlin, München, Hamburg, Köln und Leipzig. 

Auch in Österreich kommt es seit Anfang Januar wieder zu größeren Demonstrationen gegen Rechts. Auslöser ist dort das Scheitern der Koalitionsbildung durch ÖVP, SPÖ und den NEOS. Infolgedessen wurde der stimmenstärksten FPÖ der Regierungsauftrag erteilt, die seitdem mit der ÖVP über eine Regierung verhandelt. Erstmals könnte ein Rechtsextremist die Position des österreichischen Bundeskanzlers übernehmen. Zuletzt waren am 4. Februar, dem Jahrestag der ersten FPÖ/ÖVP-Regierung, Proteste angesetzt. Allein in Wien gingen über 30.000 Menschen auf die Straße.

 

Eine Demonstration gegen die AfD mit vielen Menschen und Schildern
Flickr | campact - CC BY-NC 2.0

Für Demokratie, Vielfalt und Gerechtigkeit

Beide Protestwellen spiegeln eine tiefe Besorgnis in Teilen der deutschen Gesellschaft über das Zunehmen rechtsextremer Mobilisierung und eine mögliche Annäherung etablierter Parteien an die AfD wider. In Deutschland zeigt sich, was europa- und weltweit im Trend liegt: Rechtspopulistische bis rechtsextreme Kräfte erstarken und kommen zunehmend in Regierungsverantwortung. Was dann passiert, zeigt sich in Ungarn, Italien oder aktuell auch wieder in den USA. Dort werden die Rechte von Minderheiten und gesellschaftlichen Randgruppen eingeschränkt, unabhängige Medien in ihrer Arbeit behindert und demokratische Institutionen abgebaut. Zudem wird die Schere zwischen Arm und Reich massiv befeuert.

Denn entgegen ihren populistischen Aussagen engagieren sich die wenigsten rechten Kräfte wirklich für den "kleinen Mann", sondern orientieren sich eher an den Interessen von Konzernen und der reichen Elite. Das zeigt sich durch Deregulierungsmaßnahmen, den Abbau von Arbeitnehmerrechten oder Steuerbegünstigungen für wenige Reiche. Im Sozial-, Bildungs- oder Gesundheitsbereich setzt man dagegen auf Privatisierung und Einsparungen. Ein Garant dafür, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt weiter bröckelt, wenn Menschen zunehmend Schwierigkeiten haben, ihre Miete zu zahlen, eine hochwertige Bildung zu erhalten oder auf eine ausreichende Gesundheitsversorgung zurückzugreifen.

Obwohl die rechten Parteien Politik gegen einen Großteil der Bevölkerung machen, werden sie aktuell vor allem auch von Menschen gewählt, die unter ihnen leiden würden. Oft spielen emotionale Faktoren wie Angst vor sozialem Abstieg, Migration oder gesellschaftlichem Wandel eine größere Rolle als rationale wirtschaftliche Überlegungen. Andererseits fühlen sich viele von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten und stimmen aus Protest gegen die aktuelle Politik. Ein Trugschluss: Denn Parteien wie die AfD bieten lediglich scheinbar einfache Lösungen für komplexe Probleme, die sich allerdings nicht durch Abschottung, Ausgrenzung und die Aufrechterhaltung ungerechter Verhältnisse lösen lassen.

Um die deutsche Gesellschaft gerechter und friedlicher zu machen, braucht es vor allem soziale Chancengleichheit, bessere Bildung und eine stärkere politische Kultur des Respekts und des Dialogs. Ein gerechteres Steuersystem, bezahlbarer Wohnraum und soziale Sicherungssysteme könnten soziale Ungleichheiten abbauen. Ein friedliches Zusammenleben erfordert zudem eine bessere und umfassende Gesundheitsversorgung, mehr politische Bildung und Maßnahmen zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Bildung sollte nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch kritisches Denken, Medienkompetenz und die Fähigkeit zu konstruktiver Diskussion fördern, um die Demokratie zu stärken.

Daher ist es umso wichtiger, gegen rechte Parteien zu demonstrieren, weil sie offen soziale Spaltung, Nationalismus und den Abbau demokratischer Werte fördern, anstatt Gerechtigkeit, Frieden und Bildung zu stärken. Ihre Politik setzt auf Ausgrenzung statt Chancengleichheit, auf Angstmache statt gesellschaftlichen Zusammenhalt und auf einfache Parolen statt fundierter Lösungen. Die zivilgesellschaftlichen Demonstrationen haben dahingehend ein starkes Zeichen gesetzt, dass ein großer Anteil der Gesellschaft für eine offene, gerechte und demokratische Zukunft einsteht.

Sie wurden von einem breiten Spektrum der Zivilgesellschaft getragen, darunter politische Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und verschiedene Initiativen. Vor allem Campact spielte eine zentrale Rolle bei den Demos. Die Kampagnen-Organisation initiierte das „Lichtermeer gegen den Rechtsruck“ mit über 300 bundesweite Aktionen. Allerdings lässt sich nicht verleugnen, dass ein weiterer großer Teil der Gesellschaft noch nicht auf der Straße ist. Dabei geht es um den Fortbestand der Freiheit und Demokratie in Deutschland. Setzen wir uns ein dafür, eine breite gesellschaftliche Mehrheit zu mobilisieren, um rechtsextreme Ideologien wirksam zurückzudrängen und demokratische Werte zu verteidigen.

Autor: Maximilian Stark 07.02.25, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0(link is external)

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