Bündnis Sahra Wagenknecht - BSW

Die Politikerin Sahra Wagenknecht applaudiert bei dem Kunstevent "Anything to say?" 2019 am Brandenburger Tor
Flickr | Fraktion DIE LINKE - CC BY 2.0

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Sahra Wagenknecht wagt den Schritt. Die populäre Politikerin hat sich entschieden, die Linkspartei zu verlassen und unter dem Namen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine neue, eigene Partei zu gründen. Das gab sie unlängst auf einer Pressekonferenz bekannt. Vorausgegangen waren jahrelange Konflikte innerhalb Die LINKE über Ausrichtung und Grundsätze der Partei.

Durch die Parteineugründung verliert die Linksfraktion im Bundestag auf einen Schlag neun Abgeordnete. Neben Wagenknecht verlassen auch die bisherige Fraktionschefin Amira Mohamed Ali, Fraktionskollege Christian Leye und der ehemalige Geschäftsführer der Linken in Nordrhein-Westfalen, Lukas Schön, die Partei. 

Wagenknecht sprach sich bei ihrer Parteigründung für einen politischen Kurswechsel in Deutschland aus und kritisierte die Ampel-Regierung scharf. Vor allem in Bereichen der Bildung, Infrastruktur und Umwelt nannte sie eklatante Mängel und fehlende Investitionen. Dafür sprach sie sich für einen neuen Wirtschaftskurs aus und eine andere Energiepolitik mit Wiederaufnahme der russischen Öl- und Gasimporte. Zu Themen wie der Klimakrise oder der Debatte um die Atomenergie äußerte sie sich hingegen nicht.

Auch soziale Gerechtigkeit setzte Wagenknecht in den Fokus und kritisierte die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland. Als konkrete Maßnahmen nennt sie bereits die Anhebung des Mindestlohns. Beim Thema Zuwanderung und Asyl zeigte sich dagegen kritisch und forderte eine stärkere Beschränkung und Regulierung. 

In Bezug auf die deutsche Außenpolitik, vor allem den derzeit herrschenden Kriegen in Israel und der Ukraine, forderte sie diplomatische Initiativen und weniger Militarisierung und Aufrüstung. Zudem setzte sie sich mit dem gesellschaftlichen und medialen Klima in Deutschland auseinander (enger Meinungskorridor) und warb für mehr Toleranz gegenüber abweichenden Meinungen und einer faktenbasierten Auseinandersetzung.

Die offizielle Parteigründung wurde im Januar 2024 vollzogen, um an der Europawahl, sowie bei den drei Landtagswahlen im Osten anzutreten. Bei den Europawahlen erreichte das BSW aus dem Stand 6,2 % der Stimmen und konnte damit einige Wähler sowohl im Osten als auch im Westen des Landes für sich gewinnen. Dieses Ergebnis wurde als Erfolg gewertet, insbesondere da die Partei erst kurz zuvor gegründet wurde.

Bei den Landtagswahlen 2024 erzielte die BSW ebenfalls Achtungserfolge. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg und  erreichte die Partei 11,8%, 15,8% und 13,5% und ist nun in Brandenburg und Thüringen an der Regierung beteiligt. Für die Bundestagswahl 2025 wird dem BSW aktuell 8 % prognostiziert; wäre somit auch im nächsten Bundestag vertreten. 

 

Eine Statistik zu den Parteispenden
statista 2024

Welche politischen Positionen vertritt das BSW?

Für die anstehenden Bundestagswahlen 2025 hat das BSW noch kein konkretes Wahlprogramm vorgelegt. Allerdings hat es sich schon zu einigen Punkten geäußert oder Stellung im Parteiprogramm bezogen.

Im Bereich der Rentenpolitik fordert die Partei eine grundlegende Reform nach österreichischem Vorbild. Hier sollen alle Erwerbstätigen, einschließlich Bundestagsabgeordneten und Ministern, verpflichtend in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen, um die Rentenleistungen signifikant zu verbessern. Doch dieses System ist stark abhängig von der Umlagefinanzierung, die durch den demografischen Wandel und die alternde Bevölkerung zunehmend unter Druck gerät und langfristig hohe staatliche Zuschüsse erforderlich macht.

Im Bereich Wohnen setzt sich das BSW für einen verstärkten sozialen Wohnungsbau und Maßnahmen gegen steigende Mieten ein. Dazu gehört auch die Begrenzung von Mieterhöhungen und eine stärkere Regulierung des Immobilienmarktes. Die Partei möchte Familien finanziell entlasten, etwa durch höhere Kindergeldsätze und zusätzliche Unterstützung für Alleinerziehende. 

Ein weiterer Punkt ist die Forderung nach wirtschaftlicher Vernunft. Das BSW spricht sich gegen die Schuldenbremse aus und kritisiert neoliberale Wirtschaftskonzepte. Sie fordern einen Sozialstaat, der stärker in die Gesellschaft investiert. Die Partei spricht sich für höhere Löhne und eine stärkere Tarifbindung aus. Zudem fordert sie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, insbesondere in prekären Beschäftigungsverhältnissen, und einen stärkeren Schutz für Arbeitnehmerrechte.

Das BSW plädiert zudem für eine stärkere Besteuerung von Spitzenverdienern und großen Konzernen. Gleichzeitig sollen kleine und mittlere Einkommen entlastet werden, um soziale Gerechtigkeit zu fördern. Doch es fehlen konkrete Vorschläge zur Förderung des Mittelstands, zur Unterstützung von Start-ups oder zur Stärkung der Innovationskraft. Außerdem positioniert sich die Partei gegen die Abschaffung von Bürgergeld und betont die Notwendigkeit eines starken Sozialstaats, der jedoch durch restriktive Migrationspolitik entlastet werden soll.

 

Eine Statistik zur Wählerwanderung zum BSW
statista 2024

Umstrittene Migrations- und Klimapolitik

In der Migrationspolitik plädiert das BSW für eine stärkere Begrenzung der Zuwanderung. Dies beinhaltet das Ende der „unkontrollierten Migration“ und die Einführung strikterer Regeln für Asyl und Aufenthaltsrechte. Wer straffällig geworden ist sollen konsequent abgeschoben werden und Menschen aus sicheren Drittstaaten, sollen keinen Anspruch auf Leistungen haben. Dies wird als problematisch angesehen, da es das vom Bundesverfassungsgericht garantierte Existenzminimum verletzt wird. Mit der Ablehnung der bisherigen "Willkommenskultur" werden populistisch Ängste vor Migranten und Geflüchtete geschürt und die Chancen und Notwendigkeit von Migration nach Deutschland ausgeklammert - so die Kritik.

Außerdem fordert die Partei eine Beendigung deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine und eine intensivere Förderung von Friedensverhandlungen, um den Krieg zu deeskalieren. Diese Position verbindet das BSW mit Kritik an der Bundesregierung, die nach Ansicht der Partei zu stark von außenpolitischem Druck beeinflusst wird. Man kritisiert die Abhängigkeit der deutschen Regierung von den Vereinigten Staaten und spricht sich gegen US-Waffen auf deutschem Boden aus.

Doch im Wahlprogramm fehlt eine klare Position zur europäischen Zusammenarbeit. Während das BSW nationale Interessen in den Mittelpunkt stellt, wird keine Vision für die Rolle Deutschlands innerhalb der EU formuliert. Angesichts der Bedeutung europäischer Zusammenarbeit für Wirtschaft, Sicherheit und globale Herausforderungen ist diese Leerstelle bemerkenswert.

Im Bereich der Innenpolitik setzt sich die Partei für eine Reduktion staatlicher Eingriffe ein, unter anderem durch eine bundesweite „Corona-Amnestie“. Das BSW fordert eine bessere Finanzierung des Gesundheitssystems und kritisiert die Privatisierung und Kommerzialisierung von Krankenhäusern. Das BSW kritisiert eine einseitige Berichterstattung in den Medien und fordert eine stärkere Pluralität sowie unabhängige öffentliche Medien. Im Bereich der Demokratie betont die Partei die Wichtigkeit direkter Bürgerbeteiligung und Volksentscheide auf Bundesebene.

Die Bildungspolitik, ein Schlüsselfaktor für die soziale und wirtschaftliche Zukunft Deutschlands, findet im Parteiprogramm kaum Erwähnung. Es gibt keine Vorschläge zur Bekämpfung des Lehrermangels, zur Modernisierung von Schulen oder zur Förderung der Digitalisierung im Bildungswesen. Dies ist besonders kritisch, da die Bildung entscheidend für Chancengleichheit und Innovation ist. Ebenso vernachlässigt das BSW das Thema Digitalisierung und Zukunftstechnologien insgesamt. Weder der Ausbau digitaler Infrastruktur noch die Förderung von Schlüsseltechnologien wie Künstlicher Intelligenz oder die Vorbereitung auf den Strukturwandel in der Arbeitswelt finden Erwähnung.

Kritisch äußert sich die Partei auch zur aktuellen Klimapolitik, die sie als „grünideologisch“ und zu teuer bezeichnet. Während sie Maßnahmen wie das Verbot von Verbrennungsmotoren ablehnt, fehlen alternative Konzepte, die ökologische Nachhaltigkeit mit wirtschaftlicher Vernunft verbinden oder klar die Notwendigkeit eines konsequenten Klimaschutzes benennen. Angesichts der Dringlichkeit des Klimawandels ist dies eine schwerwiegende Auslassung.

Die Partei lehnt erneuerbare Energien nicht ab, fordert aber eine „realistische Energiewende“, die auf Versorgungssicherheit und bezahlbare Energiepreise abzielt. Sie lehnt überstürzte Maßnahmen wie das sofortige Verbot von Verbrennungsmotoren oder den Ausbau von Windparks ohne Rücksicht auf Anwohner ab. Die Partei fordert einen massiven Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und setzt auf eine bezahlbare Verkehrsinfrastruktur. Gleichzeitig spricht sie sich gegen Fahrverbote und überzogene Umweltauflagen aus.

Bessere Welt Info beschäftigt sich umfassend mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht und liefert Hintergrund-Informationen zu Parteipositionen, Mitgliedern und Umfragewerten. Dazu gibt es die wichtigsten Videos und Artikel auf einen Blick. Ausführliche Beiträge finden sich zudem zu den anstehenden Europawahlen, den Landtagswahlen im nächsten Jahr und anderen aktuellen politischen und sozialen Themen.    

Autor: Maximilian Stark 23.10.23, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0

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