Pressefreiheit

Wie steht es aktuell um die ➡️ Pressefreiheit?
Viele Kriege, erstarkende rechte Bewegungen und schwindende Absatzmärkte: Die Pressefreiheit ist aktuell weltweit massiv gefährdet. Ein zentraler Faktor ist der weltweite Aufstieg autoritärer Regierungen, die gezielt gegen kritische Berichterstattung vorgehen. In Ländern wie Russland, China, Iran oder Nicaragua werden unabhängige Medien systematisch unterdrückt, Journalisten verfolgt, inhaftiert oder sogar getötet. Viele Regierungen nutzen Gesetze gegen „Fake News“ oder angebliche Staatsgefährdung, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. 2024 kamen laut der NGO Reporter ohne Grenzen 54 Medienschaffende aufgrund ihrer Tätigkeit ums Leben. Die Internationale Journalisten-Föderation (IFJ) spricht sogar von 104.
Vor allem im Gazastreifen und dem dort herrschenden Krieg war die Arbeit sehr gefährlich. Seit Kriegsbeginn 2023 wurden dort 145 Journalisten getötet. Obwohl Israel die gezielte Tötung von Medienschaffenden bestreitet, hat Reporter ohne Grenzen vor dem Internationalen Gerichtshof eine Untersuchung bezüglich möglicher Kriegsverbrechen gefordert. 2024 waren 550 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit inhaftiert – die meisten in China, Myanmar und Israel. Zudem wurden 55 Journalisten als Geiseln gehalten und 95 galten als vermisst.
Im Jahr 2024 zeigt die Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen eine besorgniserregende Verschlechterung der globalen Situation. In 36 Ländern ist unabhängiger Journalismus nahezu unmöglich geworden. Besonders alarmierend ist die Zunahme von Übergriffen auf Medienschaffende im Umfeld von Wahlen, was die Integrität demokratischer Prozesse bedroht.
In Eritrea herrscht völlige Medienkontrolle durch das Informationsministerium, wodurch unabhängiger Journalismus nicht existiert und das Land zur "Informationswüste" wird – es belegt 2024 den letzten Platz in der Rangliste der Pressefreiheit. In Syrien ist die Situation ebenfalls dramatisch: Journalisten waren unter dem Assad-Regime extremer Gewalt und Inhaftierung ausgesetzt, seit 2011 wurden dort 181 Medienschaffende ermordet. Wie sich die Situation unter der neuen islamistischen Regierung entwickelt, bleibt abzuwarten.
Auch in Afghanistan verschlechterte sich die Lage massiv, das Land fiel auf Platz 178 der Rangliste. Unter der Taliban-Herrschaft wurden im letzten Jahr drei Journalistinnen getötet und viele Medienschaffende inhaftiert. Auch das Regime in Nordkorea lässt keinerlei unabhängige Berichterstattung zu, wodurch die Bevölkerung vollständig von staatlich kontrollierten Informationen abhängig ist.

Die Lage im Westen, Deutschland und Österreich
Doch auch in Demokratien wie Israel, Ungarn, den USA oder Deutschland steht die Pressefreiheit zunehmend unter Druck. Populistische und nationalistische Parteien und Politiker greifen Journalisten immer häufiger verbal an und delegitimieren ihre Arbeit, indem sie Medien als „Lügenpresse“ oder „Staatsfunk“ diffamieren.
Ein prominentes Beispiel ist der neu gewählte US-Präsident Donald Trump, der im Wahlkampf immer wieder gegen kritische Medien hetzte und sie als „Feinde des Volkes" bezeichnete. Einige renommierte Medienhäuser wie die Associated Press, Reuters und HuffPost wurden nun von Veranstaltungen im Weißen Haus ausgeschlossen, während regierungsfreundliche Medien wie Fox News bevorzugt werden. Dies fördert ein Klima des Misstrauens gegenüber unabhängiger Berichterstattung und macht Journalisten zunehmend zur Zielscheibe von Hass und Gewalt.
In Deutschland stieg die Zahl der körperlichen Attacken gegen Medienschaffende in den letzten Jahren massiv an. Waren es 2019 noch 14 Angriffe pro Jahr, wurden 2023 bereits 69 Fälle gemeldet. Vor allem auf Demonstrationen ist das Risiko, angegriffen zu werden, hoch, aber auch im Lokaljournalismus, wo die Anonymität geringer ist. Zudem haben viele Menschen in Deutschland das Gefühl, dass die freie Meinungsäußerung schwindet - 2023 empfanden 60 % Befragten der Allensbach-Umfrage so. Dabei werden privaten und staatlichen Medien gleichermaßen ein Meinungskorridor, Cancle Culture und einseitige Berichterstattung vorgeworfen. Zuletzt hatten sogar Mitarbeiter von ZDF, ARD und Deutschlandradio ein Manifest veröffentlicht, in dem auf die schwindende Meinungsvielfalt verwiesen wurde.
Deutschland konnte sich dennoch im Ranking von Reporter ohne Grenzen im Jahr 2024 auf Platz 10 verbessern, nachdem es 2023 noch auf Rang 21 stand. Diese Verbesserung resultiert zum einen aus einer leichten Verbesserung der Sicherheit für Journalisten in Deutschland, insbesondere durch eine geringere Anzahl physischer Übergriffe im letzten Jahr. Zum anderen trugen aber auch Verschlechterungen der Pressefreiheit in anderen Ländern zu Deutschlands Aufstieg im Ranking bei.

Der Europarat zählte 2024 dreimal so viele Angriffe auf Journalisten wie im Vorjahr. Vor allem in der Ukraine, Georgien, Serbien und der Türkei kam es zu gehäuften Übergriffen. Zudem hat sich die Lage Italien oder der Slowakei verschlechtert, wo Finanzierungen für öffentlich-rechtlichen Journalismus durch die rechtspopulistische Regierungen stark gekürzt wurden.
Auch Österreich fiel auf Platz 32 zurück, das bisher schlechteste Ergebnis des Landes. Dieser Abwärtstrend wird auf mehrere Faktoren zurückgeführt, darunter vermehrte Angriffe auf Journalisten oder Korruptionsskandale, bei denen große Medienhäuser und Parteien involviert waren. Vor allem die stimmenstarken ÖVP und FPÖ haben in der Vergangenheit immer wieder restriktiv gegenüber Pressevertretern agiert.
Beispielsweise wurde Journalisten der Zugang zu Veranstaltungen verweigert, während rechtsextreme Medienvertreter zugelassen wurden. Im Januar 2025 bezeichnete der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp die Zeitung "Der Standard" als "Scheißblatt" und deutete an, ihr die Presseförderung entziehen zu wollen. Immer wieder möchte man auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ORF einstellen oder zumindest massiv umbauen. Bereits jetzt stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass die Regierung zu viel Einfluss bei der Bestellung der ORF-Gremien besitzt. Die ÖVP hatte sich zudem zuletzt für ein Zitierverbot aus Ermittlungsakten ausgesprochen.
Ein bedeutender Schritt zur Verbesserung der Transparenz in Österreich war die Verabschiedung des Informationsfreiheitsgesetzes im Februar 2024. Dieses Gesetz sieht die Abschaffung des Amtsgeheimnisses vor und führt ein grundlegendes Recht auf Information gegenüber staatlichen Stellen ein. Es soll im September 2025 in Kraft treten und verpflichtet öffentliche Stellen, bedeutende Beschlüsse aktiv zu veröffentlichen.

Schwindende Absatzmärkte und Social Media Giganten
Ein weiterer Grund für die Gefährdung der Pressefreiheit ist die wirtschaftliche Krise vieler Medienhäuser. Der digitale Wandel hat dazu geführt, dass traditionelle Finanzierungsmodelle wegbrechen, während große Tech-Konzerne wie Google und Meta den Werbemarkt dominieren. Die verkaufte Gesamtauflage aller Tageszeitungen in Deutschland hat sich in den vergangenen 20 Jahren halbiert.
Dadurch geraten viele unabhängige Medien in finanzielle Abhängigkeit oder müssen ihre Berichterstattung an kommerzielle Interessen anpassen. Gleichzeitig können Staaten durch die gezielte Vergabe von Werbegeldern oder Presseförderungen Druck auf die Medien ausüben. In Österreich ist dies aktuell eine geläufige Praxis. Soziale Medien übernehmen zunehmend die Rolle klassischer Medien, indem sie als Hauptquelle für Nachrichten und Informationen dienen — aktuell nutzen 46 % der Menschen weltweit soziale Plattformen für ihre tägliche Nachrichtenrecherche.
Diese Entwicklung ermöglicht eine schnellere Verbreitung von Inhalten, birgt jedoch die Gefahr der Desinformation: Eine Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) zeigt, dass Fake News auf sozialen Netzwerken sechsmal schneller geteilt werden als echte Nachrichten. Zudem begünstigen Algorithmen die Bildung von Echokammern, in denen Nutzerinnen und Nutzer hauptsächlich mit Posts versehen werden, die ihre eigenen Ansichten verstärken. Dies fördert die gesellschaftliche Polarisierung und das Vertrauen in etablierte Medien wird geschwächt, was langfristig die demokratische Meinungsbildung gefährdet.

Wie kann man die Pressefreiheit stärken?
Anhand von Norwegen zeigt sich: Die Pressefreiheit ist ein fundamentales Element jeder Demokratie und bedarf daher auch aktiver Schutzmaßnahmen, um langfristig gesichert zu bleiben. So garantiert das norwegische Gesetzgebung die Pressefreiheit und schützt die redaktionelle Unabhängigkeit der Medien. Denn eine der zentralen Maßnahmen ist die rechtliche Absicherung durch klare gesetzliche Regelungen, die unabhängigen Journalismus garantieren und staatliche Eingriffe begrenzen. Informationsfreiheitsgesetze, wie sie neben Norwegen in vielen demokratischen Staaten existieren, ermöglichen den freien Zugang zu Regierungsdokumenten und verhindern intransparente Entscheidungsprozesse.
Darüber hinaus ist ein starkes Mediensystem notwendig, das wirtschaftlich unabhängig agieren kann. In Norwegen wird dies durch die 2005 gegründete Behörde Medietilsynet überwacht und gefördert. Denn eine faire und transparente Presseförderung kann dazu beitragen, dass Medien nicht von politischen oder wirtschaftlichen Interessen abhängig sind. Ebenso spielen gemeinnützige und öffentlich-rechtliche Medien eine wichtige Rolle, da sie oft weniger von Marktmechanismen beeinflusst sind und sich stärker an journalistischen Standards orientieren können.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist der Schutz von Journalisten vor Gewalt, Repression und Einschüchterung. Regierungen müssen effektive Mechanismen etablieren, um Angriffe auf Medienschaffende zu verfolgen und zu ahnden. Dazu gehören unter anderem verstärkter rechtlicher Schutz, sichere Arbeitsbedingungen und Programme zur Unterstützung von Journalisten, die aufgrund ihrer Arbeit bedroht werden.
Zudem ist die Medienkompetenz in der Bevölkerung ein wichtiger Baustein zur Sicherung der Pressefreiheit. Ein informierter Umgang mit Nachrichten, das Erkennen von Desinformation und die Wertschätzung unabhängiger Berichterstattung tragen dazu bei, die Rolle freier Medien in der Gesellschaft zu stärken. Bildungsprogramme in Schulen und öffentliche Aufklärungskampagnen können dazu beitragen, dass Bürger Qualitätsjournalismus von Propaganda unterscheiden können.
Schließlich sind internationale Kooperationen und Organisationen wie Reporter ohne Grenzen oder das Committee to Protect Journalists von großer Bedeutung. Sie dokumentieren Verstöße gegen die Pressefreiheit, setzen Regierungen unter Druck und leisten konkrete Unterstützung für bedrohte Journalisten. Durch diplomatische Initiativen und Sanktionen gegen Länder, die systematisch die Pressefreiheit verletzen, kann die internationale Gemeinschaft zudem ein starkes Zeichen setzen.
Um all das umzusetzen, braucht es demokratische Regierungen, die den Wert der Pressefreiheit sehen und ihre Erhaltung unterstützen – insbesondere finanziell. insbesondere in Zeiten, in denen traditionelle Medien durch die Dominanz von Social-Media-Giganten und sinkende Printverkäufe unter Druck geraten. Auch das weltweite Erstarken rechter Parteien bedroht die Pressefreiheit massiv. Kritische Medien werden als "Feinde des Volkes" diffamiert, journalistische Arbeit delegitimiert und Druck auf unabhängige Redaktionen ausgeübt. Finanzierungen für Soziales, Bildung oder Journalismus stehen schon bei konservativen bis liberalen Regierungen auf der Streichliste.
Die Pressefreiheit, ein essenzieller Bestandteil der Demokratie, ist akut bedroht. Daher ist es umso wichtiger, dass sich jeder Einzelne für den Erhalt unabhängiger Medien einsetzt, diese auch finanziell unterstützt und ihren gesellschaftlichen Wert öffentlich verteidigt.
Autor: Maximilian Stark 06.03.25, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0
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