RÜSTUNG
➡️ Waffenhandel, Rüstung und Waffenexport – Das Geschäft mit dem Tod
2023 hat Deutschland 64 Milliarden Euro in die Rüstung gesteckt (BMWK 2023). Das ist zwar nur ein Bruchteil der über 800 Milliarden US-Dollar, die 2022 von den USA ausgegeben werden und dennoch eine erschreckend hohe Summe, die für Waffen, Bomben und militärische Abschreckung verwendet wird.
Diese umfassende Info-Plattform widmet sich dem weltweiten Waffenhandel, der Rüstung und den Waffenexporten. Hier finden sich über 1.000 Ressourcen zu wichtigen Nachrichtenportalen, Waffenhändlern, Messen, den globalen Auswirkungen der Waffenindustrie und einen länderspezifischen Leitfaden zu den weltweit größten Waffenexporteuren.
Der weltweite Waffenhandel zerstört Leben und die einzigen Gewinner sind die Waffenlieferanten – Zivilisten verlieren immer. Waffenexporte und die Rüstungsindustrie schüren so Konflikte, Menschenrechtsverletzungen, Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, Vertreibung, Tod und Leid.
Dennoch beläuft sich der weltweite Wert der Waffenproduktion, der Investitionen in die Herstellung von High-Tech-Waffen sowie der Verkauf und Handel dieser Ausrüstung auf unglaubliche 560 Milliarden Euro (Siri 2022). Bei 12 Milliarden produzierten Kugeln pro Jahr reicht das aus, um jeden Menschen auf der Welt zu töten – und zwar zweimal!
Hier erfährst du mehr über die NGOs, die Rechenschaftspflicht, Regulierung und ein Ende des Wahnsinns fordern, wie CAAT, DFG-VK, Ohne Rüstung leben, AK Zivilklausel und Oxfam. Außerdem gibt es Informationen zum Waffenhandelsvertrag sowie unsere ausführlichen Leitfäden zu Konfliktregionen und Militär. - Auf unserer Schwesterseite Better World Info finden sich zudem über 1.000 englische Beiträge zum Thema.
„Die Welt ist überbewaffnet und der Frieden ist unterfinanziert“ – ehemaliger UN-Generalsekretär Ban Ki-moon
Waffenhandel – Welche globalen Auswirkungen hat das?
Der Waffenhandel ist seit vielen Jahrzehnten eines der profitabelsten Geschäfte der Welt. Die Gier von Herstellern und Auftragnehmern führt zu unvorstellbarem menschlichem Leid, globaler Instabilität, politischer Unterdrückung, Terror, Rechtsverletzungen und der Verlängerung von Konflikten. Die Branche beansprucht auch dringend benötigte Ressourcen, die stattdessen in Sozialausgaben wie Entwicklung, Infrastruktur, Bildung, Gesundheitsversorgung, soziale Sicherheit und Friedenskonsolidierung fließen könnten.
Jahr für Jahr sehen wir, dass Regierungen Militärausgaben Vorrang vor gesellschaftlichen Bedürfnissen geben. In Afghanistan betragen die Militärausgaben mehr als ein Drittel der gesamten Staatsausgaben; nur 4 % ihres Gesamtbudgets sind für den Sozialbereich vorgesehen (statista 2023). Studien zeigen, dass in fragilen Ländern die Militärausgaben in der Regel mehr als doppelt so hoch sind wie die Gesundheitsausgaben (Siri 2018). In von Konflikten betroffenen Ländern genießen Gesundheit und Sozialschutz deutlich weniger Priorität.
Auch die schlechte Regulierung des Waffenhandels trägt zur Verschärfung der Armut bei. Gewalt kostet Afrika jährlich 18 Milliarden US-Dollar – das ist ungefähr so viel wie das Entwicklungshilfebudget für den Kontinent (Spiegel 2007). Kriege verursachen nicht nur Todesfälle, sie zerstören auch Häuser und wichtige Infrastrukturen wie Schulen, Krankenhäuser, Straßen, Brücken, sowie Wasser- und Stromversorgung. In vom Krieg zerrütteten Ländern ist ein niedriges oder sogar negatives Wirtschaftswachstum üblich, was zu hoher Arbeitslosigkeit, Armut und Ungleichheit führt.
Waffenmessen und Waffenhändler – Ermöglicher von Konflikten
Waffenmessen sind die Supermärkte für Waffenhändler. Diese riesigen Veranstaltungen fördern den Waffenverkauf und bieten Waffenhändlern die Möglichkeit, ihre Produkte an Militärvertreter, Regierungsbeamte und andere interessierte Parteien zu vermarkten.
Regierungen wie das Vereinigte Königreich unterstützen diese Veranstaltungen aktiv, einschließlich der DSEi (Verteidigungs- und Sicherheitsausstellung) - die größte ihrer Art in Europa. In Deutschland sind die jährlichen IWA Outdoor Classics und die EnForce TAC die größten Messen zum Thema Waffen, Sicherheit und Rüstung.
Waffenhändler sind Verkäufer, deren Waren tödliche Waffen, Munition, Kampfflugzeuge, Hubschrauber, Kriegsschiffe, Überwachungs- und Radarsysteme, Panzer und Gewehre umfassen. Sie müssen sich bei der Koordinierung dieser äußerst profitablen Geschäfte mit internationalen Beziehungen, Vorschriften und Regierungsbehörden auseinandersetzen. Als eine der korruptesten Branchen der Welt sind diese Geschäfte von Geheimhaltung, Bestechung, politischen Skandalen und Betrug geprägt.
Im Jahr 2015 waren weltweit etwa 640 Millionen illegale Schusswaffen im Umlauf. (EUCPN 2015) Da der Markt mit Waffen überschwemmt ist, ist es viel einfacher, dass diese in die falschen Hände geraten, insbesondere wenn es sich um konfliktreiche Regionen handelt. Es ist kein Zufall, dass die fünf Länder mit den weltweit höchsten Waffenhandelsraten Jemen, Afghanistan, die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo und der Iran sind.
Der illegale Waffenhandel ist der neuntgrößte kriminelle Markt und setzt jedes Jahr bis zu 250 Millionen US-Dollar um - etwa 15 % des gesamten Handels mit legalen Schusswaffen (IMF 2019). Der illegale Waffenhandel führt zu weiteren illegalen Aktivitäten und Gewalt und unterstützt organisierte kriminelle Gruppen finanziell.
Wer sind die Top-Waffenprofiteure? – Händler des Todes
Militärkonzerne und Waffenhersteller brauchen Kriege, um Profit zu machen - denn mehr Konflikte heißt für sie auch mehr Geld!
Die Ausgaben des Pentagons seit Beginn des Krieges in Afghanistan belaufen sich auf insgesamt 849,7 Milliarden US-Dollar (statista 2023). Ein Drittel davon ging direkt an militärische Auftragnehmer. Fast alle dieser Verträge gingen an die fünf führenden Unternehmen: Lockheed Martin, Boeing, General Dynamics, Raytheon und Northrop Grumman.
Im Jahr 2020 erhielt Lockheed Martin vom Pentagon Aufträge im Wert von 75 Milliarden US-Dollar – mehr als das Eineinhalbfache des Jahresbudgets für internationale Entwicklung (Le Monde 2022). Diese Unternehmen nutzen die weltweiten Kriege und Konflikte gezielt aus und profitieren von ihnen durch geschickte Lobbyarbeit und überhöhte Preisen.
Seit dem Rückzug des US-Militärs im Irak und in Afghanistan werden übertrieben dargestellte Sicherheitsrisiken seitens Chinas und Russlands als Rechtfertigung für die Beibehaltung des beispiellos hohen Pentagon-Budgets herangezogen.
In Deutschland ist Rheinmetall eines der führenden Rüstungsunternehmen. Die global operierende Firma stellt eine breite Palette an Militärtechnik her, darunter Flugabwehrprogramme, Panzerhaubitzen oder Artilleriesysteme. 2022 erwirtschaftete Rheinmetall 6,4 Milliarden Euro Gewinn (statista 2023). Der Konzern half u.a. dabei, die russische Armee für den Ukraine-Krieg aufzurüsten und bestach griechische Politiker für den Verkauf von U-Boot-Ausrüstung.
Daneben gibt es noch die Firma Krauss-Maffei Wegmann. Sie ist spezialisiert auf Panzertechnik und stellt den Leopard 2 Panzer her. Auch gegen diesen Konzern gibt es Bestechungsvorwürfe. Heckler und Koch ist ein weiterer großer deutscher Waffenhersteller. Spezialisiert auf Handfeuerwaffen, erwirtschaftete die Firma 2022 einen Umsatz von 305 Millionen Euro (statista 2023). Immer wieder gibt es Vorwürfe gegen Heckler und Koch, weil ihre Waffen in Konfliktregionen auftauchen oder im großen Umfang von Rebellengruppen oder dem Kartell in Mexiko genutzt werden. Ähnliche Vorwürfe richten sich auch gegen den deutschen Waffenhersteller Sig Sauer mit illegalen Exporten nach Kolumbien.
Industrieländer dominieren den Waffenhandel und sind die wichtigsten Hersteller und Exporteure von Waffen. Diese Länder haben daher großen Einfluss auf die internationalen Beziehungen, Sicherheit und Stabilität. Sie tragen auch eine erhebliche Verantwortung für die Regulierung des Waffenhandels, die Wahrung ethischer Standards und die Waffenflut in fragile Staaten.
Wir bieten ausführliche Leitfäden zu den sieben führenden Waffenexporteuren sowie spezielle Einblicke in den Waffenhandel in Europa und Israel.
#1 USA – 40 %
#2 Russland – 16 %
#3 Frankreich – 11 %
#4 China – 5 %
#5 Deutschland – 4 %
#6 Italien – 4 %
#7 Großbritannien – 3 %
Mit Ausnahme von Deutschland und Italien sind diese großen Waffenexportländer allesamt Staaten, die auch Atomwaffen lagern.
Die große Mehrheit der Deutschen lehnen Waffenexporte rigoros ab (taz 2021). Die Ampel-Regierung versprach einen deutlichen Rückgang der Rüstungsexporte – was bislang nicht eingehalten wurde. Deutschland gehört nach wie vor zu den größten Waffenexporteuren weltweit. 2022 hat Deutschland Rüstungsexporte im Wert von über 8 Milliarden Euro genehmigt – das wurde bereits im ersten Quartal 2023 übertroffen. Über ein Viertel dieser Exporte gingen an die Ukraine. 2024 will man die Waffenlieferungen dorthin noch verdoppeln; danach folgten Niederlande, die USA und Großbritannien.
Daneben werden aber auch Waffen an Staaten verkauft, die mit Menschenrechtsverletzungen und politischer Willkür belastet sind, wie Ägypten, Saudi-Arabien, Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate. Kein Wunder, dass deutsche Waffen dann in Bürgerkriegen im Jemen oder Libyen auftauchen oder auf türkischer Seite eingesetzt werden, um kurdische Autonomiebestrebungen zu bekämpfen. Seit Jahren gehört Deutschland zu den Top 3 der Kleinwaffen-Exporteuren – allein durch diese Waffenart sterben jährlich 300.000 Menschen (FAZ 2016).
Immer wieder werden daher zivilgesellschaftlich mehr Transparenz und eine genauere Überprüfung der Menschenrechtslage in den Exportländern und mögliche Weitergaben der Waffen gefordert. Auch eine stärkere Kontrolle der deutschen Rüstungsunternehmen wäre wünschenswert, denn alle waren in der Vergangenheit in Bestechungsverfahren, illegalen Waffendeals, Missachtung von ethnischen Prinzipien oder Kooperation mit autoritären Regimen verwickelt.
Österreich hatte 2022 Rüstungsausgaben in der Höhe von 3,5 Milliarden Euro (statista 2023). Doch auch im Bereich Export ist Österreich stark vertreten. 2021 exportierten österreichische Waffenfirmen wie Glock oder Steyr Schusswaffen im Wert von 306 Millionen Euro ins Ausland (profil 2023). Davon auch eine große Anzahl nach Russland - trotz eines Embargos auf Rüstungsgüter in das Land seit der Krim-Annexion 2014; Verträge, die davor abgeschlossen wurden, galten allerdings weiterhin. Allein 2021 erwirtschaftete Glock einen Jahresumsatz von 889 Millionen Euro (statista 2023). Geliefert wurden österreichische Waffen auch in Krisengebiete (statista 2023).
Waffenhandelsvertrag – Regulierung und Kontrolle
In dieser Multimilliarden-Dollar-Industrie, die von Korruption geprägt ist, sich an Rechtsverletzungen beteiligt und für die Überschwemmung instabiler Staaten mit tödlichen Waffen verantwortlich ist, ist eine strenge Regulierung, Transparenz und Rechenschaftspflicht von größter Bedeutung.
Regierungen verkaufen uns die Vorstellung, dass nur der illegale Waffenhandel anrichten, doch in Wirklichkeit sind die meisten Waffenverkäufe an repressive Regime und in Konfliktgebiete völlig legal und werden von Regierungen unterstützt.
Die düstere Welt der Waffenverkäufe bedeutet, dass Länder selbst trotz internationaler Abkommen wie dem Waffenhandelsvertrag in der Lage sind, ihre eigenen Gesetze zu Waffenexporten zu brechen. Der 2013 verabschiedete Vertrag über den Waffenhandel zielt darauf ab, den internationalen Handel zu regulieren und illegale Exporte zu verhindern. Die Umsetzung und Durchsetzung des Vertrags ist bestenfalls lückenhaft, die Vereinbarungen sind von Land zu Land unterschiedlich und der Mangel an Transparenz und Rechenschaftspflicht ermöglicht es den größten Exporteuren, relativ unbeachtet weiterzumachen.
Wie können wir die Rüstungsindustrie besser kontrollieren?
Der Waffenhandel stellt ein großes Hindernis für eine friedliche Lösung von Konflikten dar. Die Auswirkungen der Branche auf den internationalen Frieden, die Menschenrechte, die soziale Gerechtigkeit und die Umwelt sind unübersehbar. Die derzeitigen Kontrollen und Lieferbestimmungen von Waffenverkäufen sind so lückenhaft, dass es einfacher ist, AK47 zu importieren als Bananen (Oxfam 2012).
Um die Kontrolle des Waffenhandels zu verbessern, ist in erster Linie eine globale Zusammenarbeit erforderlich. Eine Stärkung und bessere Regulierung des UN-Waffenhandelsvertrags würde einen großen Beitrag dazu leisten, sicherzustellen, dass Waffen nicht in falsche Hände geraten. Transparenz und Rechenschaftspflicht müssen Priorität haben, ebenso wie die Eindämmung der enormen Gewinne der Waffenlieferanten.
Eine gemeinsame Anstrengung zur Erfassung von Waffentransaktionen sowie zur Aufdeckung und Verhinderung illegaler Geschäfte, Betrug, Korruption und Lobbyarbeit ist unerlässlich. Das öffentliche Bewusstsein für diese zwielichtige Branche ist von entscheidender Bedeutung, um Druck auf Politiker, Militärs und Waffenhändler auszuüben, damit sie den Menschen über den Profit stellen.
Als Bürger können wir bei Wahlen für Parteien stimmen, die sich für Abrüstung, friedliche Lösungen und eine stärkere Kontrolle der Industrie einsetzen. Wir können uns auch Protesten anschließen, die Frieden, Waffenstillstände, ein Verbot von Waffenmessen und eine Senkung der steigenden Militärbudgets fordern. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Sicherheit und Verteidigung wird zu einer viel sichereren Welt beitragen und es den Regierungen ermöglichen, Ressourcen gleichmäßiger für Sozialfürsorge, Gesundheit, Bildung und Entwicklung zu verteilen.
„Das Problem ist, dass der weltweite Waffenhandel völlig frei von internationaler Regulierung ist. In einer Welt, in der der Fluss von Konsumgütern durch eine Vielzahl internationaler Konventionen und Vorschriften geregelt wird, haben tödliche Waffen ein unheimliches Talent, durch das Netz zu schlüpfen“ – Hilary Benn.
Autorin: Rachael Mellor 14.11.23, Übersetzung und Ergänzung: Maximilian Stark 21.12.23, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0
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