Baku 2024 - COP 29
➡️ COP29 in Baku
Die 29. UN-Klimakonferenz findet vom 11. bis 22. November 2024 in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, statt. Vertreter aus 197 Ländern, der Europäischen Union sowie wichtige Akteure der G7, G20, NGOs und Jugendorganisationen werden an der Konferenz teilnehmen. Es wird zahlreiche Diskussionsrunden und Foren geben, bei denen Staats- und Regierungschefs, Lobbyisten und Klimaaktivisten zusammenkommen. Im Mittelpunkt stehen zentrale Themen der globalen Klimapolitik, insbesondere die Umsetzung des Pariser Abkommens.
Eines der Hauptziele der COP29 ist die Festlegung eines neuen, kollektiv vereinbarten Ziels für die Klimafinanzierung, um speziell Entwicklungsländer bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der endgültigen Operationalisierung des Fonds für Verluste und Schäden, der Länder bei der Bewältigung klimabedingter Schäden unterstützt.
Die Umstellung auf erneuerbare Energien ist ein zentrales Thema, mit Diskussionen über den Einsatz von Wasserstoff, die Reduzierung von Treibhausgasen und die Förderung von „grünen Energiezonen“. Aserbaidschan will seine eigenen Initiativen zur Reduktion von Emissionen und zum Ausbau erneuerbarer Energien präsentieren. Das Land hat angekündigt, seine Kapazitäten für erneuerbare Energien bis 2030 auf 30 % zu steigern. Darüber hinaus verfolgt es das langfristige Ziele wie die Reduktion seiner Treibhausgasemissionen um 40 % bis 2050 und den Ausbau von Wind-, Solar- und Wasserkraft sowie grünem Wasserstoff.
Die Staats- und Regierungschefs werden ihre nationalen Klimaziele (NDCs) und Anpassungspläne (NAPs) vorstellen und darüber diskutieren, wie diese ambitionierter gestaltet werden können, um die Erderwärmung unter 1,5°C zu halten. Außerdem stehen verschiedene Sektoren im Mittelpunkt der Konferenz, darunter Finanzen, Technologie, Landwirtschaft, Wasser, Ernährungssicherheit, Urbanisierung und Tourismus. Es gibt spezifische Thementage für diese Bereiche.
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Eine kritische Perspektive auf den COP29
Viele Länder haben ambitionierte Klimaziele angekündigt, doch sie liegen in der Regel weit in der Zukunft und enthalten keine kurzfristigen Verpflichtungen. Ein Beispiel dafür ist das Versprechen von Netto-Null-Emissionen bis 2050, das von zahlreichen Ländern und Unternehmen angepeilt wird. Doch laut dem United Nations Environment Programme (UNEP) sind die derzeitigen nationalen Zusagen (NDCs) weit davon entfernt, die globalen Emissionen in dem Maße zu senken, wie es für das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens notwendig wäre. Stattdessen führen die aktuellen Pläne zu einer Erwärmung von etwa 2,7°C bis Ende des Jahrhunderts – weit über dem Ziel, das katastrophale Folgen verhindern soll.
Seit der COP21 in Paris 2015 haben die Industrieländer zugesagt, jährlich 100 Milliarden Dollar an Klimahilfen für Entwicklungsländer bereitzustellen, um diese bei der Anpassung an den Klimawandel und der Reduktion ihrer Emissionen zu unterstützen. So wurden 2020 nur 83 Milliarden Dollar mobilisiert, weit unter dem Ziel. Zumindest 2022 wurden 115 Milliarden Dollar bereitgestellt. Allerdings ist das Ziel, die Anpassungsfinanzierung bis 2025 zu verdoppeln, noch nicht erreicht. Das führt zu großem Misstrauen, insbesondere in ärmeren Ländern, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, aber am wenigsten zur globalen Erderwärmung beigetragen haben.
Neben der Politik nutzen auch viele Unternehmen die COP als Plattform für Greenwashing. Hauptsächlich große Öl- und Gasunternehmen präsentieren auf den Konferenzen ihre „grünen“ Projekte oder Technologien, obwohl sie weiterhin stark in fossile Brennstoffe investieren. 2022 berichtete die NGO Global Witness, dass über 600 Lobbyisten aus der fossilen Brennstoffindustrie an der COP27 in Ägypten teilnahmen – mehr als die Delegationen der zehn am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder zusammen. Bei der COP28 waren es sogar 2456 Lobbyisten. Auch der Präsident der COP29, der aserbaidschanische Umweltminister Muchtar Babajew, war lange Zeit beim staatlichen Ölkonzern Socar beschäftigt. Die Interessen der fossilen Industrien werden dadurch in den Verhandlungen unverhältnismäßig stark vertreten – und die Dringlichkeit echter Klimaschutzmaßnahmen erheblich verwässert.
Ein weiteres Problem der COP-Konferenzen ist die mangelnde Verbindlichkeit der Beschlüsse. Das Pariser Abkommen von 2015 setzte zwar ein historisches Zeichen, da fast alle Länder sich auf das Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung einigten. Allerdings gibt es keine durchsetzbaren Sanktionen für Länder, die ihre zugesagten Klimaziele verfehlen. Dies führt dazu, dass viele Staaten ambitionierte Pläne ankündigen, diese jedoch häufig nicht einhalten. Ein Bericht des Climate Action Tracker aus 2021 zeigte, dass nur ein Dutzend Länder auf Kurs sind, ihre Pariser Klimaziele tatsächlich zu erreichen.
Paradoxerweise verursachen die COP-Konferenzen selbst einen erheblichen CO₂-Ausstoß. Die COP26 in Glasgow, Schottland, im Jahr 2021 verursachte laut Schätzungen einen Ausstoß von 102.500 Tonnen CO₂ – mehr als das Doppelte der vorherigen COP25. Allein die Reisen der Teilnehmer machten den Großteil dieser Emissionen aus, was viele als Heuchelei werten, da die Konferenzen selbst zu den Emissionen beitragen, die sie eigentlich reduzieren wollen.
Zusätzlich wird häufig kritisiert, dass die Interessen der Industrieländer in den Verhandlungen dominieren. Während die Vereinigten Staaten, die EU und China zu den größten Emittenten gehören, leiden Länder des globalen Südens unverhältnismäßig stark unter den Folgen des Klimawandels. Diese Länder fordern seit Jahren einen Verlust- und Schadensfonds, um für die durch den Klimawandel verursachten Schäden Entschädigungen zu erhalten. Zwar wurde ein solcher Fonds bei der COP27 eingerichtet, doch ohne klare Finanzierungszusagen bleibt seine Wirksamkeit fraglich.
Eine kritische Perspektive auf Aserbaidschan
Aserbaidschan ist ein bedeutender Erdgas- und Ölproduzent und stark von der Förderung fossiler Brennstoffe abhängig – es ist bereits das dritte Öl-Land in Folge als Ausrichter der COP. Dies steht im klaren Widerspruch zu den Zielen der Klimakonferenz, die auf den globalen Übergang zu erneuerbaren Energien abzielen. Obwohl das Land ambitionierte Pläne angekündigt hat, seinen Anteil an erneuerbaren Energien zu steigern, bleibt die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern eine Realität. So will man die Förderung fossiler Rohstoffe bis 2030 sogar nochmal um ein Drittel steigern. Denn am Export des Gases verdient man kräftig – vor allem nach Europa liefert man verstärkt seit dem Ukraine-Krieg und dem Wegfall des russischen Gases für die EU. Bis 2027 sollen jährlich 20 Milliarden Kubikmeter Gas an die EU geliefert werden.
Der Anteil grüner Energie an der Energieerzeugung im Land ist sogar in den letzten zehn Jahren von 3,3 % auf 1,1 % gesunken. Der Widerspruch zwischen Aserbaidschans Rolle als Energielieferant und seiner Position als Gastgeber eines Klimagipfels weckt Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner umweltpolitischen Ambitionen – ebenso wie bei Dubai, das den letzten Klimagipfel austrug.
Aserbaidschan wird die COP29 nutzen, um sich selbst als umweltfreundlich zu präsentieren, während es gleichzeitig an strukturellen Veränderungen fehlt. Die Regierung investiert zwar in erneuerbare Energien, doch viele dieser Initiativen werden von Unternehmen umgesetzt, die eng mit dem autoritären Staat verknüpft sind. Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang von „Greenwashing“, da die umweltfreundlichen Initiativen eher dazu dienen, das internationale Image des Landes zu verbessern, anstatt echte Fortschritte im Klimaschutz zu erzielen.
Aserbaidschan steht zudem international wegen seiner Menschenrechtslage in der Kritik. Die Regierung von Präsident Ilham Alijew wird häufig wegen Unterdrückung der Opposition, Einschränkung der Pressefreiheit und mangelnder Demokratie kritisiert. Bei den Wahlen 2024 weigerten sich die Oppositionsparteien, Kandidaten aufzustellen; Alijew gewann mit über 90 % der Stimmen.
NGOs wie Human Rights Watch und Amnesty International weisen regelmäßig auf Repressionen gegenüber Journalisten, politischen Aktivisten und zivilgesellschaftlichen Organisationen hin. Im Vorfeld der COP wurden mehrere Aktivisten unter fadenscheinigen Gründen in Haft genommen. Bereits davor sitzen Hunderte Menschen aus politischen Gründen in Haft – es gibt Berichte über Folter und Misshandlungen. Im internationalen Ranking der Pressefreiheit schaffte es Aserbaidschan gerade einmal auf Platz 151 von 180. Die Wahl eines solchen Landes als Gastgeber der COP29 ist äußerst problematisch.
Aserbaidschan befindet sich in einer konfliktträchtigen Region, insbesondere im Hinblick auf die langjährigen Spannungen mit Armenien. Im Schatten des Ukraine-Kriegs wurde die Region Bergkarabach angegriffen; es gab Berichte über „ethnische Säuberungen“ und ein Großteil der armenischen Bewohner flüchtete nach Armenien. Sogar ein großangelegter Angriff auf das Nachbarland stand im Raum. Aserbaidschan wird wohl versuchen, seine Gastgeberrolle zu nutzen, um geopolitische Anerkennung zu gewinnen, anstatt sich auf die zentralen Klimathemen zu konzentrieren.
Obwohl Aserbaidschan selbst durch den Klimawandel bedroht ist – etwa durch zunehmende Dürreperioden, dem Abfall des Kaspischen Meeres und Wüstenbildung – gibt es nur wenig öffentliche Diskussion über konkrete Anpassungsstrategien. Die Regierung fokussiert sich stark auf Energieprojekte, doch Fragen der Anpassung an den Klimawandel und die Unterstützung von betroffenen Gemeinschaften im Inland scheinen weniger im Fokus zu stehen. Der Klimaschutz ist eher wirtschaftlich motiviert, statt eine Priorität im Bereich der nationalen Politik.
Maßnahmen für einen effektiven Klimaschutz
Um nachhaltigen Klima- und Umweltschutz durch die COP29 zu gewährleisten, müssen konkrete Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen umgesetzt werden. Ein entscheidender Punkt ist die Verpflichtung zur stärkeren Reduktion von Treibhausgasen. Um die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, müssen die Nationally Determined Contributions (NDCs) ambitionierter und verbindlicher werden. Hierzu gehört, dass Staaten klare Zeitpläne für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und den Übergang zu erneuerbaren Energien festlegen. Auch der Energiesektor, der zu den größten Emissionsverursachern zählt, muss durch Investitionen in grüne Technologien, wie Solar- und Windenergie sowie Wasserstoff, transformiert werden. Dabei sollte der Austausch von Technologien und Wissen zwischen Industrieländern und dem globalen Süden gefördert werden, um allen Ländern den Zugang zu umweltfreundlichen Innovationen zu ermöglichen.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Klimafinanzierung. Die Industrieländer müssen ihre Finanzzusagen an Entwicklungsländer erheblich ausweiten, um deren Anpassungsmaßnahmen und die Bewältigung klimabedingter Schäden zu unterstützen. Bislang wurden gerade einmal 0,2 % der geforderten 215 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. Diese Gelder sollten insbesondere in Anpassungsprojekte und den Fonds für Verluste und Schäden fließen, um die ärmsten Länder, die oft am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, zu unterstützen.
Ein weiterer Schwerpunkt sollte auf der Einführung verbindlicher Mechanismen zur Überprüfung der nationalen Klimaziele liegen. Es fehlt bislang an klaren, globalen Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen, um sicherzustellen, dass Staaten ihre Emissionsziele einhalten. Ein transparenter und regelmäßiger Bericht über Fortschritte wäre ein wichtiger Schritt, um die Glaubwürdigkeit und die Effektivität des Pariser Abkommens zu stärken.
Gleichzeitig muss der Schutz von Ökosystemen und der Biodiversität stärker in den Vordergrund rücken. Die Wiederherstellung und Erhaltung von Wäldern, Feuchtgebieten und marinen Ökosystemen sind essenziell, um natürliche CO₂-Senken zu bewahren und die Auswirkungen des Klimawandels abzufedern. Auch die Rolle der Zivilgesellschaft und indigener Gruppen sollte mehr Beachtung finden, da diese oft besonders betroffen sind, aber auch wertvolle Lösungen für die Herausforderungen des Klimawandels bieten können. 2023 wurden weltweit 196 Umweltschützer aufgrund ihres Aktivismus getötet – vor allem in Lateinamerika braucht es besseren Schutz für Klimaengagement.
Zuletzt sollte auch die Klimabildung eine größere Rolle spielen. Programme, die das Bewusstsein für den Klimawandel und nachhaltiges Handeln stärken, müssen global ausgebaut werden, um junge Menschen zu ermutigen, sich aktiv für den Klimaschutz einzusetzen. Nur durch eine Kombination aus klaren politischen Verpflichtungen, ausreichender Finanzierung, technologischen Innovationen und Bildungsmaßnahmen kann nachhaltiger Klima- und Umweltschutz langfristig erfolgreich sein.
Autor: Maximilian Stark 26.09.24, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0
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